Sonntag, 24. Mai 2015

16. Ich habe es wieder getan!






Ich habe es wieder getan!

Knapp zwei Monate sind es her, dass ich den Versuch unternommen habe, meinen eigenen Jakobsweg zu gehen, von Kassel nach Santiago de Compostella. Gleich am ersten Tag bin ich abends kurz vor meinem ersten Etappenziel gescheitert. Und es hat mich mächtig mitgenommen. Hier nochmal ein Bild davon.



Mein Arzt brachte mich dann soweit, dass ich mit mir selber klarkommen musste, entweder Operation, mindestens am linken Meniskus oder aber in Zukunft alles etwas langsamer angehen lassen und dem eigenen Alter von 65 Jahren Tribut zollen. 

Verstandesmäßig war ich soweit, dass ich keinen Jakobsweg mehr gehen kann und werde, ich hatte sogar daran gedacht, meine immer wieder erweiterte Sammlung an Literatur zu den verschiedenen Jakobswegen wieder herzugeben. Ich bin aber auch sehr naturverbunden und bin im Sommer auf einem Dauercampingplatz, der in einer so herrlichen und bewaldeten Umgebung liegt, dass ich mich vorige Woche von zu Hause meine Stöcke und meine Wanderschuhe mitgenommen habe. Wenigstens hin und wieder wollte ich ein paar Meter oder Kilometer in frischer Luft, durch Wald und Feld gehen und dabei vielleicht auch das eine oder andere Gramm meines Körpergewichtes loswerden. Ganz ohne Bewegung wird das eh nichts und je weniger an Gewicht auf meine Gelenke drückt umso besser würde es auch mit dem Laufen gehen. Da klingt schon wieder mein Doc durch, der das ohne den erhobenen Zeigefinger aber voll verständlich erklärt hat.

Da ich auf dem Campingplatz sowieso mehr an Ruhe habe, keine Treppen im Haus steigen muss, haben sich meine Knie wieder sehr gut beruhigt, aber bei Stufen muss ich noch aufpassen und so kam der Wunsch auf, wieder etwas zu gehen. Gemütlich, langsam, ohne Gewicht, überschaubare Touren, geringe Steigungen, geringes Gefälle und in einem Takt, der meinem Körper guttut und nicht einzelne Stellen oder Gelenke überfordert.



Gestern war es dann so weit. Ich hatte mich mit meiner Nachbarin verabredet und da auch sie gerne läuft, wollte ich ihr einen Weg zeigen, der gemütlich in etwa drei Stunden zu bewältigen ist und genau meinen Anforderungen entspricht. Ein Teil davon, etwa zwei Kilometer war sogar mit den Zeichen des Jakobsweges ausgezeichnet. Es ist ein Stück des Elisabethpfades, der hier durch Spangenberg führt, aber eben auch mit den Muschelzeichen des Jakobsweges ausgeschildert ist. Der größte Teil führte dann aber an einem bewaldeten Hang mit leichten Steigungen und Gefällen entlang. Beeindruckend waren die vielen unterschiedlichen Hochstände entlang des Weges, der wohl auch der Waldwirtschaft diente und entsprechend befestigt war.



Wir hatten Zeit, trockenes Wetter, der Weg war ordentlich und es taten sich immer wieder sehr schöne Fotomotive auf. Verschiedentlich konnten man durch die Bäume hindurch immer wieder auf einzelne Häuser von Spangenberg hinabsehen, die sich durch die Baumwipfel ausmachen ließen. Man konnte aber auch erkennen, dass die letzten Windbrüche noch nicht ganz ausgeräumt waren, vielleicht wurden sie aber auch absichtlich liegengelassen, hier in der Gegend wird ja viel von Renaturierung geschrieben und auch danach gehandelt. Kurz bevor es wieder bergab in Richtung Spangenberg ging, öffnete eine Lichtung einen wunderbaren Ausblick auf Spangenberg und seinem hoch oben auf dem gegenüberliegenden Berg gelegenen Schloss. 






Im Tal angekommen standen wir plötzlich vor einem Tunnel, der aber offensichtlich nicht unter einer Straße hindurchführte, die nach dem Tunnel lesbare Straßenbezeichnung eröffnete uns dann den Sinn dieses Tunnels, es war die Bahnhofstraße und somit ging der Tunnel unter der ehemaligen Bahnstrecke hindurch, die schon jahrelang stillgelegt ist. Von da aus zur Hauptstraße waren es nur noch etwa 200 m und in dem auf der gegenüberliegenden Straßenseite gelegenen Einkaufszentrum konnten wir noch ein paar Kleinigkeiten einkaufen um dann die restlichen etwa 2 km bis zum Campingplatz zu nehmen.



Es war ein wunderbarer Rundgang, den ich ohne Knieprobleme oder sonstige Beschwerden gegangen bin und auch heute, einen Tag danach spüre ich ganz leicht, dass es gestern wohl doch ein wenig anstrengend war, aber nichts schmerzhaftes. Ich will damit nicht sagen, dass ich morgen wieder an einen neuen Versuch denke, den Camino zu bewältigen, aber ich freue mich, dass ich diese etwa 12 km so gut überstanden habe. Es waren gut drei Stunden bei herrlichem Wetter in freier Natur und es hat mir sehr gut getan, auch in Gedanken an meinen gescheiterten Versuch, den Camino ganz groß anzugehen.

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